«48 ist für Frauen ein wichtiges Alter»

Elisabeth Schlumpf, Psychotherapeutin ud Expertin zum Thema Alter

Und was jetzt? Mit 40 beginnt für Frauen eine wichtige Übergangsphase. Die neunzigjährige Psychotherapeutin Elisabeth Schlumpf sagt, welche Fragen man sich in diesem Alter stellen sollte. 

Elisabeth Schlumpf, wie waren Sie mit 40 Jahren?
Beschwingt. Ich hatte meine Tochter sehr jung bekommen, und einen Grossteil meiner elterlichen Arbeit war erfüllt. Jetzt wollte ich eine gute Psychotherapeutin werden und habe deshalb mit dem Studium begonnen, von Null auf. Es war ein ganz neuer Lebensentwurf. Ans Altern dachte ich nicht, obwohl ich natürlich im Spiegel meine ersten Falten sah. Ich habe sie einfach ignoriert (lacht).

Dann gehörten Sie nicht zu der Mehrheit der Frauen, die laut einer US-Studie mit 42 Jahren Angst vor dem Altern bekommen?
Nein. Aber jede Biografie ist anders. Trotzdem gibt es ein grobes Raster: Mit 40 Jahren ist die Phase des jugendlichen Erwachsenseins vorbei. Die meisten haben die dringlichsten Entscheidungen wie Lebensort, Beruf und Familienmodell getroffen. Dann folgt eine Phase der Selbstreflexion und Selbstakzeptanz. Die Hauptfragen sind: Wer bin ich und was will ich?

«Zu jedem Zeitpunkt im Leben gibt es die Möglichkeit, sich neu zu entscheiden.»

War das vor 50 Jahren auch schon so?
Ja. Nur haben Frauen heute viel mehr Möglichkeiten, ihren eigenen Weg zu gehen. Das finde ich natürlich gut, einfacher ist es aber nicht unbedingt.

Können Sie das erklären?
Je grösser die Entscheidungsmöglichkeiten, desto anstrengender wird es. Hinzu kommen die immer gleichen gesellschaftlichen Ansprüche. Alles zusammen ergibt einen enormen Druck. Junge Frauen müssen berufstätig sein, eine gute Mutter, eine einfühlsame Partnerin, den Haushalt im Griff haben und sich selbst verwirklichen – das alles zu erfüllen, ist unmöglich.

Sie haben die Schönheitsideale vergessen…
Stimmt. Frauen sollten möglichst lange jung, attraktiv und faltenlos sein. Spätestens mit Einsetzen der Menopause signalisiert uns der Körper aber, dass man sich äusserlich verändert, und man spürt, dass das Leben endlich ist. In unserer Gesellschaft gibt es die Tendenz, zu bedauern und nicht zu sehen, was dafür Neues Schönes auf uns zukommt.

Ist man irgendwann zu alt, um einen Neuanfang zu wagen?
Zu jedem Zeitpunkt im Leben gibt es die Möglichkeit, sich neu zu entscheiden. Auch im Alter. Natürlich hat man gewisse Chancen unwiderruflich verpasst. Aber das Gehirn ist bis ins hohe Alter formbar und kann neue Verbindungen schaffen. Je besser man sich selbst kennt, desto einfacher kann man Entscheidungen treffen.

Elisabeth Schlumpf ist auch Autorin, viele ihrer Bücher handeln vom Älterwerden. Infos gibts hier.