Slow Fashion statt Impulskäufe: So geht grüne Mode

Nina Gschwilm von Kari KariFoto: Claude Gasser

Nina Gschwilm führt im Zürcher Kreis 3 die Boutique Kari Kari und eröffnet Ende September den Secondhand-Shop Kari’s Vintage. Sie gibt Tipps für eine nachhaltige Garderobe und sagt, was sie davon hält, wenn H&M und Co. auf grün machen.

Nina, Nachhaltigkeit und Mode ist ein super komplexes Thema – das beginnt schon damit, welchen Begriff man verwenden soll. Mir gefällt Slow Fashion sehr gut. Wie ist das bei dir?

Slow Fashion passt schon sehr gut. Auch, weil der Begriff die Konsumentinnen und Konsumenten mit einbezieht. Kleidung wird automatisch nachhaltiger, wenn man seine Kaufentscheide verlangsamt und zum Beispiel keine Impulskäufe macht. Es zählt nicht nur, was du shoppst, sondern auch wie. Bei meinen Kundinnen beobachte ich oft, dass sie mehrmals ins Geschäft kommen, bis sie sich entscheiden. Das finde ich voll gut. Oder ich habe Frauen, die in den letzten Tagen ihres Zyklus nichts kaufen, weil sie dann zu impulsgesteuert sind.

Spannender Punkt! Wie kaufst du ein für Kari Kari? 

Auch eher slow. Ich bin streng und frage viel nach bei den Labels: Wie produziert ihr? Was für Löhne bezahlt ihr? Der soziale Aspekt bei Kleidern ist mir fast noch wichtiger als ein Bio-Zertifikat. Am besten ist natürlich alles zusammen. Aber ich kann damit leben, wenn ein T-Shirt nicht aus Bio-Baumwolle ist, dafür weiss ich, dass die Arbeiterinnen einen fairen Lohn erhalten und die Baumwolle in der Nähe angebaut wurde. Das ist zum Beispiel in Indien oft so. 

Wie stellt man sich eine nachhaltige Garderobe zusammen? Was sind deine Tipps?

Als allererstes schauen, was man hat, um beim Einkaufen seinen Kleiderschrank zu kennen. Sehr oft kauft man nämlich immer wieder ganz ähnliche Sachen. Ich empfehle Basics – Jeans, Pullis – die man gut und pragmatisch zusammenstellen kann. Diese findet man auch im Secondhand. Verrückte Stücke für nur eine Saison sind nicht nachhaltig. Solche Kleider haben wir bei Kari Kari auch wenig. Und wichtig: Seine Garderobe vorsichtig pflegen: Lüften statt waschen und flicken, wenn etwas kaputt geht. Ein grosser Teil der CO2-Emissionen eines Kleidungsstücks entsteht nachdem es produziert und verkauft wurden – also bei uns zu Hause.

Was soll man von grossen Brands wie H&M und Co. halten, wenn diese nachhaltige Kleidung anbieten?

Für mich geht das unter Greenwashing. Wenn es dein Unternehmensmodell ist möglichst viel, möglichst schnell und das noch zu einem geringen Preis an die Leute zu bringen, dann nehme ich dir nicht ab, dass die Angestellten fair bezahlt werden und sozial abgesichert sind. Das T-Shirt ist vielleicht aus Bio-Baumwolle, aber die Näherin hat trotzdem nichts davon. Das finde ich sehr unfair. Ein trauriges Thema sind auch die Recycling-Kampagnen dieser Unternehmen. Im Netz findet man viele Geschichten von Leuten, die Tracker in ihre Kleider gesteckt haben und dann feststellten, dass diese schlussendlich trotzdem nach Afrika verschifft und verbrannt wurden. Solche Kampagnen zielen nur darauf ab, noch mehr zu verkaufen. Ich persönlich habe mich entschieden, H&M und Co. komplett zu meiden, auch wenn mir ihre Kleider durchaus gefallen würden.

Zur Person

Nina Gschwilm, 39, ist in Augsburg, D aufgewachsen und kam 2008 wegen der Liebe nach Zürich. Ihr Vater war Textilgrosshändler und sie hat ursprünglich Betriebswirtschaft studiert. Sie war Store Managerin bei Puma und arbeitete für Swarovski, kündigte dann aber ihren Job und eröffnete im März 2017 mit einer Freundin „Kari Kari“ neu als Boutique für nachhaltige Brands. Inzwischen führt sie das Geschäft mit dem Online-Shop alleine.

Boutique Kari Kari
Die Boutique Kari Kari an der Kalkbreitestrasse im Zürcher Kreis 3. Foto: Claude Gasser

Schreibe einen Kommentar