Das Alma Hotel in Zürich verbindet Gastfreundschaft mit sozialem Handeln. Direktorin Verena Kern Nyberg beweist, dass ein Hotel sehr viel mehr sein kann.
Hotels sind perfekte Ort, um Geschichten zu erzählen. Wie man sie aus Büchern, Filmen und Serien kennt – aber auch aus dem eigenen Leben.
Diese Geschichte hier handelt von einer Jugendstilvilla im Zürcher Seefeld-Quartier. Hinter der hellblauen, mit Kletterpflanzen bewachsenen, Fassade befindet sich das Alma Hotel, das ehemalige LADYs FIRST. 2000 wurde es als Hotel für Frauen eröffnet, ein Jahr später aber waren bereits auch Männer willkommen. Seit diesem Frühling hat das Haus nun einen neuen Namen sowie frisch renovierte Räumlichkeiten und Hotelzimmer.
Geprägt ist das Alma Hotel nach wie vor weiblich. Das Team besteht aus Frauen. Der Wellnessbereich mit Sauna, Dampfbad und Wärmeliegen ist «Ladies-Only». Neben Gästinnen wird er auch von Frauen besucht, die im Seefeld wohnen oder arbeiten. «Vor dem Umbau haben wir eine Umfrage gemacht und gefragt, ob in Zukunft auch Männer zum Wellness Zutritt haben sollen», erzählt Direktorin Verena Kern Nyberg und fügt mit einem Schmunzeln an. «Wir bekamen dann die deutliche Antwort, dass dies nicht erwünscht sei.»
Der dritte Stock gehört den Seniorinnen
Einzigartig beim «Alma» ist der dritte Stock: Beim Umbau wurden die Hotelzimmer in vier Appartements für ältere Damen umgewandelt. «Dort leben nun vier coolen Seniorinnen», sagt Kern. Eine davon Lisa Zumbühl, achtzig Jahre alt. Ich treffe sie in der Lobby, wo sie sich am Tag gerne aufhält. Sie hat Sprachen studiert, war früher Flight Attendant bei der Swissair und Reiseführerin. Nach Familie und ihrer Scheidung zog sie in die Toskana und verbrachte dort die letzten zwanzig Jahre am Meer. «Ich hab in meinem Leben immer genau gewusst, was gut für mich ist», sagt sie.
Der Umzug zurück in ihre Heimat und ins Hotel sei die beste Entscheidung gewesen. «Ich bin so dankbar darüber – auch, dass ich als erste das Appartement auswählen konnte.» Sie hat sich für das kleinste entschieden und es geschickt eingerichtet. Ihr Bett verbirgt sich in einem Schrank. Mit ein, zwei Handgriffen wird abends aus dem Wohn- ein Schlafzimmer. Durch einen schmalen Durchgang gehts in eine kleine Küche, die zweite Tür führt ins Badezimmer. Im Wohnbereich erinnern Teppiche und Kissen an vergangene Reisen. Von den meisten Sachen hat sich Lisa Zumbühl vor dem Einzug entledigt. «Das Alter bedeutet abbauen. Wenn man dies mal realisiert hat, tut es gut, sich vom Ballast zu befreien.»
Sinn und Sinnhaftigkeit
Das Haus gehört einer Stiftung, geführt wird der Betrieb durch die «Sinn & Gewinn Hotels». Wie das Hotel Marta und das Josephine’s Guesthouse in Zürich sowie die Pension Bienvenue in Lausanne. Letztere wird nächstens renoviert und soll als Maison Emilie wiedereröffnet werden. Allen Häusern gemein ist das Verbinden von sozialem Nutzen und Gewinnstreben. Das Alma Hotel bietet geschützte Arbeitsplätze für Frauen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Sie werden von einem agogisch geschulten Team betreut und erhalten zusätzliche Hilfsmittel zur Bewältigung ihrer Aufgaben.
Namika Srikoh, 22, gehört seit zwei Jahren zum Team und arbeitet im Housekeeping und beim Frühstück. Um sieben Uhr morgens beginnt sie mit ihrer Arbeit. Sie bettet, reinigt die Zimmer, den Wellnessbereich oder die öffentlichen Räume. Oder macht das Frühstücksbüffet bereit. «Dies ist mein Lieblingsdienst», sagt sie. «Ich mag es, wenn viel läuft. Beim Frühstück komme ich zudem oft in Kontakt mit den Gästen und kann mit einigen auch Englisch sprechen.» Zufriedene Gesichter und dazu ein persönliches Trinkgeld machen sie bei ihrer Arbeit glücklich und stolz.
Eine Küche für alle
Beim Umbau wurde noch etwas gemacht, was für ein Hotel in der Klasse des Almas ungewöhnlich ist: Die grosse Profiküche im Erdgeschoss wurde verkleinert und im freigewordenen Raum kam eine Küche mit Kühlschrankfächern für die Hotelgäste rein. Ein kleines Wagnis sei dies gewesen, gibt Verena Kern Nyberg zu. Doch unliebsame Überraschungen in Form von Chaos sind bisher ausgeblieben – wahrscheinlich kann man als Gast gar nicht anders, als sich in einer solch schönen Umgebung von seiner besten Seite zu zeigen.