Livia Naef: gradlinige und reduzierte Mode

Livia Naef

Die Luzernerin Livia Naef sucht konsequent Wege, um Mode nachhaltig zu machen. Ihre Kleider tragen eine klare Handschrift und begeistern durch Schlichtheit. Eine Erfolgsgeschichte, die während der Pandemie ihren Anfang genommen hat.

Ihr Zuhause ist auch ihr Modeatelier. In einer hellen, grossen Altbauwohnung, mitten in der Stadt Luzern entwirft Livia Naef ihre Prototypen und empfängt Kundinnen. Wir stehen vor der Kleiderstange im Atelier und sie zeigt einige ihrer Lieblingsmodelle: Das Kleid im Kimono-Stil oder der Jumpsuit, der sich ihre älteste Kundin, eine 93-jährige Dame, in der Farbe violett wünscht. Allen Entwürfen gemein ist ein schlichter und minimalistischer Schnitt. Die Kollektion widerspiegelt aber auch Livia Naefs Vorstellung von Mode, die ebenso reduziert, gradlinig und vor allem quer zum Mainstream ist. 

«Meine Kleider hatte ich bereits im Kopf, ich brauchte nur noch das Handwerk, um sie umzusetzen.»

Livia Naef

Die Sendung «Raus aus der Krise» änderte alles

Livia Naefs Karriere begann mitten in der Corona-Pandemie. Die 37-jährige Luzernerin ist Späteinsteigerin. Zwar liebte sie bereits als Kind schöne Kleider – «ich hab mich schon damals mehrmals am Tag umgezogen» – doch als es um die Berufswahl ging, fühlte sie sich mit ihrer lebendigen Art in einem Schneiderinnen-Atelier nicht am richtigen Ort. Stattdessen machte sie eine KV-Lehre in einer Weinhandlung, rutschte danach in die IT-Branche, arbeitete im Bereich Marketing und Kommunikation – und fand mit 29 Jahren, dass es nun an der Zeit sei, ihren Traum vom eigenen Modelabel anzugehen. «Meine Kleider hatte ich bereits im Kopf, ich brauchte nur noch das Handwerk, um sie umzusetzen.» Nach einer dreijährigen Ausbildung an der Textilfachschule Zürich entwarf sie 2020 ihre erste eigene Kollektion. Ein Jahr später war sie Teil der SRF-Doku «Raus aus der Krise» und konnte dadurch neue Kundinnen und Selbstbewusstsein gewinnen. 

Mit Foodwaste alte Leinenstoffe färben

Ihre Kleider kann man sowohl mit dem Kind auf dem Spielplatz als auch an einer Hochzeit tragen. Sie werden nur in kleinen Mengen im Tessin hergestellt und erst wenn alle Teile verkauft sind, wird nachbestellt. Die zertifizierten Bio-Stoffe wählt Naef sorgfältig aus. Regelmässig erhält sie zudem von Menschen, die von ihr gelesen haben, alte Stoffe zum Weiterverarbeiten. Letzten Frühling färbte sie hundertjährigen Leinenstoff mit Foodwaste wie Avocadoschalen oder Spinat. «Es gibt für mich kaum etwas Schöneres als hochwertige Materialien zu verwenden, die hier in der Schweiz irgendwo ungenutzt in einem Schrank liegen und daraus Kleider zu machen, die überhaupt nicht öko sondern einfach cool aussehen!»

Dafür sparen ihre Kundinnen sich das Geld zusammen. Zum Beispiel durch den Verzicht auf Shopping-Touren.

«Es gibt für mich kaum etwas Schöneres als Materialien zu verwenden, die irgendwo ungenutzt in einem Schrank liegen und daraus Kleider zu machen.»

Livia Naef

Einblicke ins natürliche Färben

Währen drei Tagen hat Livia Naef auf dem Hof ihres Schwiegervaters antike Leinenstoffe mit Foodwaste – Schalen und Kerne von Avocados – sowie Pflanzen selbst gefärbt. Seit diesem Jahr wird pflanzengefärbter Stoff von der Schweizer Firma Lilablum angeboten, welcher industriell mit Zwiebelschalen gefärbt wird. In der aktuelle Frühling- und Sommerkollektion gibt es Stücke aus deren Bio-Baumwollstoff.